
Das Interdikt – Hildegard von Bingen
Die 80-jährige Hildegard hatte ein Jahr vor ihren Tod noch einen letzten Kampf gegen die Mainzer Prälaten zu führen. Das Kloster war mit dem Interdikt belegt worden.
Es war bis zur Aufhebung untersagt, Sakramente zu spenden und gottesdienstliche Handlungen zu vollziehen.
Warum kam es zu diesem Interdikt?
Hildegard ließ im Jahre 1178 einen adligen exkommunizierten Ritter auf dem Klosterfriedhof beisetzen. Dieser war jedoch durch die Beichte befreit und hatte die letzte Ölung sowie die Kommunion empfangen.
Deshalb war für Hildegard die Bestattung damit rechtens. Jedoch die Mainzer Prälaten sahen dies anders und forderten Hildegard auf, den Leichnam vom Friedhof zu entfernen.
Sie weigerte sich, machte das Grab unkenntlich und so wurde das Kloster mit dem Interdikt belegt. Mit einem Brief bekräftigte Hildegard ihr rechtmäßiges Handeln und verwies darauf, dass das Ausbleiben des gesungenen Gotteslobs und das Verbot der Sakramente nicht förderlich für ihre Gemeinschaft sei. Selbst reiste sie nach Mainz und wurde abgewiesen. Dann wandte Hildegard sich mit einem Brief an den Mainzer Erzbischof Christian von Buch, der für längere Zeit im Auftrag des Kaisers in Italien weilte. Aber sie erhielt Hilfe von einer anderen Stelle.
„Da aber viele Menschen von Mitleid mit uns ergriffen waren, uns jedoch beim besten Willen nicht helfen konnten, ging dein treuer Freund, nämlich der Kölner Erzbischof, nach Mainz zu ihnen. Und ein von einem Ritter begleiteter Soldat wollte durch hinreichende Zeugen beweisen, dass er selbst und der erwähnte Verstorbene zu dessen Lebzeiten, da sie zusammen dieselben Verfehlungen begangen hatten, auch zusammen am gleichen Ort, zur selben Stunde und von demselben Priester vom Bann gelöst worden wären. Der Priester, der sie losgesprochen hatte, war ebenfalls zugegen.“
Nichtsdestotrotz ging dies noch hin und her. Und letztendlich konnte Hildegard diese Auseinandersetzung für sich entscheiden. In ihrem Brief an die Mainzer Prälaten schrieb Hildegard:
„Bevor ihr den Mund einer Gemeinschaft verschließt, (…) müsst ihr darauf bedacht sein, euch dabei vom Eifer der Gerechtigkeit Gottes und nicht von Unwillen, unrechter Gemütsregung oder Rachegelüsten leiten zu lassen.“
Quellen:
Liber Scivias, Beuroner Kunstverlag / Physica, Beuroner Kunstverlag / Causae et Curae, Beuroner Kunstverlag / Liber Vitae Meritorum, Otto Müller Verlag / Vita Sanctae Hildegardis, Beuroner Kunstverlag
Diplom-Biologin Lydia Keller, Konstanz